Kollektion "Der Anzug der Macht"
 
Ein reicher Mann sei attraktiv, heißt es landläufig. Zwar gehöre ich nicht zu den Frauen, die so denken, aber die Faszination für ein Leben auf großem Fuß lässt sich allerorts beobachten. Also habe ich mir die reichsten Männer der Welt einmal angesehen. Es lief mir kalt den Rücken herunter. Bill Gates – attraktiv? Wohl kaum. Und wer soll überhaupt dieser langweilig angezogene Mexikaner sein, der noch reicher ist als er? Nein, allein ihr Geld macht sie nicht schön. Für echte Attraktivität, so scheint es mir, fehlt den Reichen die Schönheit der Macht.
Die antiken Herrscher, die wir heute nur noch in Marmor bewundern können, oder die auf Herrscherporträts abgebildeten Kaiser und Könige, Zaren und Päpste, Feldherren und, natürlich, Barack Obama – sie haben Sex-Appeal. Vielleicht sind es auch nur die Bilder, die von ihnen gemacht werden. Aber sie haben das gewisse Etwas, das den Reichen definitiv fehlt.
Ein mächtiger Mann muss nämlich nicht schön sein, aber Macht ist eine Eigenschaft, die zum schönen Mann gehört. Diese Attraktivität ist für mich die Grundlage von männlicher Schönheit.
Wodurch definiert sich das moderne Erscheinungsbild der Macht?
Die Mächtigen der Welt tragen nicht die teuersten Entwürfe der Haute Couture. Heute lassen die Staatsmänner mehr Muskeln spielen denn je. Der allesverstehende Polit-Softie hat keine Chance mehr. Nur mit beachtlicher physischer Form ist man PR-strategisch noch vermittelbar. Viel Testosteron und eine Prise demokratische Transparenz heißt die Devise. Dieses Männerbild finde ich sympathisch und unerträglich zugleich. Mein Entwurf will offenlegen, dass wir doch immer wieder in die alten Muster zurück fallen – auch wenn wir uns für noch so fortschrittlich halten. In meiner Kollektion möchte ich der Macht daher Humor beimischen, denn nur mit mehr Ironie wird es gelingen, diese bis heute unumgängliche Faszination nicht allzu Ernst zu nehmen.
 
 
Fotografie: Eva Maria Baramsky
Modell: Jannik Schulz
Agentur: M4 Models
Sommer 2010
 

Publikation: 
DER SCHÖNE MANN | DAS MAGAZIN
Was ein schöner Mann sei? Das weiß wohl niemand. Herrenmode darf eigentlich nicht schön machen, denn Männer fürchten die Schönheit. Nur was sollten sie dann darstellen? Männer begegnen in der heutigen Mode so vielen Haltungen und Rollenmodellen wie noch nie. Die Herrenmode hat in den Modeschauen wie in der Modetheorie den Rückstand zur Damenmode aufgeholt. Sie ist ihr nicht nur ebenbürtig, sondern als lange unberührtes Feld zu einem Ort von geradezu provozierender und kritischer Kreativität geworden. "Der schöne Mann – Das Magazin“ präsentiert eine Vision zu Mann und Mode, die Studierende des Integrierten Designs an der Hochschule für Künste Bremen erarbeitet haben. Sie entwarfen fünfzehn Kollektionen, führten Interviews mit internationalen Designern und Autoren, luden Philosophen und Essayisten für Textbeiträge ein und formulierten ein Fashion-ABC, das in pointierten Glossen auch sie selbst porträtiert – in ihren Erwartungen und Wünschen an den Mann von heute und morgen.
 
 
Das komplette  DER SCHÖNE MANN | DAS MAGAZIN zum Download im PDF-Format 
 
Auszeichnungen:
-Hochschulpreis der HFK 2012
Der schöne Mann
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Der schöne Mann

Fashion men's collection

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